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Sonntag, 9. Dezember 2012 in lichtbilder
So hatte die Liebhaberfotografie von jeher in der Berghofwelt eine bedeutende Rolle gespielt; schon zweimal aber – denn wer lange genug hier oben verweilte, konnte die periodische Wiederkehr solcher Epidemien erleben – war die Leidenschaft dafür auf Wochen und Monate zur allgemeinen Narretei geworden, so daß niemand war, der nicht, mit besorgter Miene den Kopf über eine in die Magengrube gestützte Kamera gebeugt, die Blende hätte blitzen lassen, und das Herumreichen von Abzügen bei Tische kein Ende nahm. Plötzlich war es Ehrensache, selbst zu entwickeln. Die zur Verfügung stehende Dunkelkammer genügte der Nachfrage bei weitem nicht. Man versah Fenster und Balkontüren der Zimmer mit schwarzen Vorhängen; und bei Rotlicht hantierte man so lange mit chemischen Bädern, bis Feuer auskam und der bulgarische Student vom Guten Russentisch um ein Haar zu Asche verbrannt wäre, worauf denn ein Verbot von der Anstaltsobrigkeit erging. Bald fand man das einfache Lichtbild abgeschmackt; Blitzlichtaufnahmen kamen in Schwung. Man weidete sich an den Bildern, auf denen Personen, vom Magnesiumblitz jäh betroffen, mit stieren Augen aus fahl verkrampften Gesichtern blickten, wie Leichen Ermordeter, die man mit offenen Augen aufrecht hingesetzt. Und Hans Castorp bewahrte eine in Pappe gerahmte Glasplatte, die ihn, wenn man sie gegen das Licht hielt, zwischen Frau Stöhr und der elfenbeinfarbenen Levi, von denen die erste einen himmelblauen, die andere einen blutroten Sweater trug, mit kupferigem Angesicht und unter blechgelben Butterblumen, deren eine ihm im Knopfloch strahlte, auf einer giftgrünen Waldwiese zeigte.(zauberberg: der große stumpfsinn. ich musste sehr lachen.) ... Link (0 Kommentare) ... Comment »Es beruhigt mich außerordentlich«, sagte sie, den eingeatmeten Rauch heraussprechend, »zu hören, daß Sie kein leidenschaftlicher Mensch sind. Übrigens, wie denn auch wohl? Sie müßten aus der Art geschlagen sein. Leidenschaft, das ist: um des Lebens willen leben. Aber es ist bekannt, daß ihr um des Erlebnisses willen lebt. Leidenschaft, das ist Selbstvergessenheit. Aber euch ist es um Selbstbereicherung zu tun. C'est ça. Sie haben keine Ahnung, daß das abscheulicher Egoismus ist und daß ihr damit eines Tages als Feinde der Menschheit dastehen werdet?«(zauberberg: mynheer peeperkorn (des weiteren). der arme hans ist clawdia nicht gewachsen.) ... Link (0 Kommentare) ... Comment Samstag, 17. November 2012 in protokoll
aus gründen, die gleich in mehrfacher hinsicht auf sich beruhen sollen, an einen samstag um acht aufgestanden. rasch hinter mir aufgeräumt und das haus verlassen. obwohl es gestern dann doch unnötig halb drei wurde. und obwohl auch der letzte wodka unnötig war. (und der davor eigentlich auch schon.) kein ziel. die kälte steigt in die hosenbeine und beißt an den fingern. zähe gedanken, klebrige augen. aber das rad schnurrt, die luft tut gut. vage versprechungen liegen darin. am ufer sind stände aufgebaut. ich denke, ich nehme mein frühstück auf dem flohmarkt: filterkaffee und ein warmes brötchen aus pappe. auf den käse hat pommesbuden-bernd noch sauer konservierte hamburger-gurken gelegt. ich tropfe «ja»-kaffeesahne aus dem einen kartonbehälter in den anderen und schaue mir dabei eine ganze weile zu. ich falte die zeitung auf und lege sie wieder zusammen. (gazastreifen, zwangsvollstreckungen.) dies ist der schlechte flohmarkt von beiden. ein dicker kerl brummt mit seinem moped eine schneise durch die jetzt dichter werdende menge; im anhänger schwankt ein turm aus schrott. es ist das gleiche zeug, das hier auf tapeziertischen und alten gardinen ausgebreitet liegt. jemand hat sich auf netzteile spezialisiert, ein anderer auf fernbedienungen. «was kostet?» sagt irgendwo ein russischer akzent. «vier» darauf ein anderer. – «drei und nehme ich gleich mit.» – «niemmst du gleich mit!» drei zierliche japaner interessieren sich für kleine festbrennweiten. «leica» verstehe ich. einer will das objektiv begutachten und zögert, ob er es anfassen darf. man sieht, dass er fragen will, aber nicht weiß, wie. der verkäufer – ein alter mann, der über seiner skihose knieschützer aus plastik trägt, auf dem kopf ein kunstledernes, helmartiges etwas, das unter dem kinn mit einer schnalle verschlossen ist und auf den augen ein nikotinfarbenes kassengestell – spricht betont langsam und sanft. verschreckt entfernen die japaner sich rückwärts. (vielleicht war es das wort «pentax».) in der bücherei will ich mich aufwärmen. man muss dazu das schnoor durchqueren. die ersten geführten reisegruppen des tages hindurch tastet sich ein unrasierter junge in flanell und jogginghose, die brötchentüte in der einen hand. die frisur könnte auch so gemeint sein. etwas zu ostentativ hält er meinem dreisten blick stand. ... Link (1 Kommentar) ... Comment ... Nächste Seite
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