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Samstag, 23. Juli 2016 in bremen

Alles neu: Wohnung, Job, Stadt. Es macht Spaß, auf eine weiße Tafel zu schreiben, systematisch zu verfahren, und Dinge in die Wege zu leiten. Selbst ein Budget habe ich angelegt. Mal sehen, wie lange ich es durchhalte.

Drei Besichtigungstermine in Wien, drei weitere in Aussicht. Das ist noch nicht viel, aber ich habe keine Lust, die horrenden Provisionen zu bezahlen. Das begrenzt die Auswahl. Ich verstehe nicht, was außer der Aussicht auf Geld einen Menschen dazu bewegt, Immobilienmakler zu werden. Einen nützlichen Dienst an der Gesellschaft kann ich nicht erkennen.

Unter den Annoncen auch eine Wohnung mit verdächtig günstiger Miete, die sich bald als Scam entpuppt. Ein gewisser «May Patrick Iain» schreibt mir

I want to take this opportunity to assure you that there is nothing to be worried about this rental.
I have a reputation to protect and a good Christian and I do not want to impress. Many people make promises and tend to not follow through... I'm not here to waste anyone's time. I am a very sincere and honest person.
Den Schlüssel könne er leider nicht persönlich übergeben und werde ihn daher beim "AirBnB Office" hinterlegen, wo er per "AirBnB Express" an mich verschickt werde. Natürlich erst, nachdem ich Miete und Kaution per Bankanweisung bezahlt habe.

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Donnerstag, 21. Juli 2016 in bremen

Übergangstage in Bremen, in der ganz, ganz alten WG. Vor mehr als zehn Jahren bin ich hier ausgezogen. Die Belegschaft von früher ist schon lang in alle Richtungen verstreut, aber das Haus ist von Hand zu Hand gewandert. Heute wohnt hier die gute Freundin M, die uns nun beherbergt. Im Treppenhaus hängt noch, in einem kitschigen Bilderrahmen, der Aushang, mit dem wir damals die halbe Stadt zugeklebt hatten. Schon da war ein ganzes Haus schwer zu bekommen.

Besuche, Besorgungen, Anrufe, Emails und – tatsächlich – Telefaxe. Meine alte, wieder neue, und bald wieder alte Krankenversicherung braucht irgendwas mit eigenhändiger Unterschrift. Ich scanne das unterschriebene Formular mit dem Telefon, schicke es an die Dropbox und lade die Datei auf eine Fax-Website hoch. Am anderen Ende wird sie vermutlich per Fax-Gateway in einem E-Mail-Postfach oder in irgend einer Art Groupware landen. Die Technik baut ziemlich komplizierte Workarounds um unser altes Urkundenrecht.

Abends auf Ms Parzelle am Werdersee. Die Wühlmäuse kommen immer gegen neun, kurz vor Sonnenuntergang. Wir schnippsen ihnen Essensreste auf den Boden; wenn wir uns still verhalten, wagen sie sich bis zu unseren Füßen vor.

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Freitag, 15. Juli 2016 in montréal

An einem der letzten Montréal-Tage laden R. und ihr Freund Su und mich zu einer kleinen Wanderung auf den Mont St. Hilaire ein. Rund um die Stadt brechen viele dieser kleinen Berge wie Fremdkörper aus der Ebene heraus: Mont Royal, Mont St. Bruno, Mont St. Grégoire. Der Mont St. Hilaire bildete den Hintergrund des Panoramas, das ich monatelang fast täglich vor Augen hatte, während ich in der veganen Essensfabrik im zehnten Stock Brownies einschweißte. Mal schneebedeckt, mal erdbraun, mal sattgrün in der Abenddämmerung. Ich hatte mich oft gefragt, wie es wäre, den Blick umzukehren.

Der Vorortzug hält fast am Fuße des Hügels, wenn man von der südlichen Flanke aufsteigen möchte. Um zu dem Pfad zu gelangen, den ich auf der Landkarte ausgesucht habe, muss man durch eine noble Vorortsiedlung spazieren. Die Häuser sehen aus, als wären sie, fabrikgefertigt, mittels Hubschrauber hier abgesetzt worden. Zahme Kinder spielen gelangweilt in sauberen Vorgärten. Die Fassaden sind aus künstlichem Naturstein und in die Garagen passen zwei SUV. Vor jedem Haus steht ein neuer Barbecue-Grill mit zwei Etagen.

Hundert Meter hinter dem Pfad fangen uns zwei Parkwächter ab. Sie fragen nach der Mitgliedskarte. Diesen Hügel kann man nicht einfach so hinaufgehen. Besucher werden gebeten, am Haupteingang eine Eintrittskarte zu erwerben. Der Nahverkehr führt nicht bis dort hin. Uns bleibt nur, ein Taxi zu rufen, wenn wir am Abend den einzigen Zug zurück in die Stadt erreichen wollen.

Der Freund von B. teilt uns mit, dass kein Uber in der Nähe sei und seine drei Taxi-Apps hier nicht funktionierten. Auf die Idee, sein Telefon zum telefonieren zu verwenden, kommt er nicht. Telefoniert überhaupt noch irgendjemand? Der herbeigerufene Wagen kommt uns teuer zu stehen. Er fährt uns einmal um den gesamten Hügel herum, weil der direkte Weg zum Eingang versperrt ist. Oben ist es diesig. So eben erkennt man den schiefen Turm des Olympiastadions. Die übrige Stadt ist in Nebel gehüllt.

Ich weiß nicht, wie Su das jedesmal schafft, aber auf dem Rückweg nehmen uns zwei Franzosen in einem klapprigen Geländewagen mit. Es sind PVTistes, wie wir. Drei quetschen sich in die Rückbank, Su fährt zwischen den klirrenden Bierflaschen im Kofferraum mit.

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