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Mittwoch, 16. März 2016 in montréal
Konversationsstunde mit einer Softwareingenieurin, die ihr Deutsch aufbessern möchte. Wir treffen uns in der Ville Marie, also downtown, in einem Tim Hortons. Kanadischer Pass, deutscher Pass und Schweizerpass. Die EU sei keine Demokratie (geschenkt). Die europäischen Staaten, mit Ausnahme der Schweiz seien ebenso wenig Demokratien, da ihre Regierungen Volkes Meinung nicht beachten. Die EU tanze nach der Pfeife der Amerikaner, besonders wenn es um die Palästinenser geht. In Deutschland akzeptierten ihre Kollegen sie nicht, weil sie eine Frau ist. Ein verärgerter männlicher Kollege habe Spionagesoftware auf ihrem Rechner installiert, und weder Arbeitgeber noch Polizei hätten etwas unternommen. Die europäische Kommission sei obendrein korrupt und dysfunktional. Trotz zehn Jahren Erfahrung als Freelancerin für die Kommission und die UBS habe sie nach ihrer Rückkehr in Québéc zuerst als Putzfrau arbeiten müssen. Als Frau sei sie auf dem Arbeitsmarkt also schlechter gestellt als «die Flüchtlinge, egal ob aus Marokko oder Syrien», die ohne jegliche Berufserfahrung mehr verdienten als sie. Nur kurz fühle ich mich zum Widerspruch gereizt. Dann denke ich an die fünfundzwanzig Dollar, von denen sechs schon für die Métro draufgingen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell Menschen sich eine Meinung bilden. Vielleicht sind die Zurechnungen um so willkürlicher, je größer das Bedürfnis ist, einen Schuldigen für das Unglück und die Benachteiligungen zu finden, die man im Leben erfahren hat. Sie habe, sagt sie zum Schluss, schon sehr lange nicht mehr so viel geredet. ... Comment |
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