zer o_c omments |
Freitag, 28. Dezember 2012 in protokoll
gleich auf der anderen seite des stubenfensters steht manchmal eines der schafe, die dem onkel gehörten. zum schwein hingegen sind es vier türen. erst in die küche, wo oma adele thront, in ihrer geblümten kittelschürze, auf dem stuhl neben der glatt gesessenen holzbank. weniger wie eine herrscherin sitzt sie dort, mehr wie eine stille dirigentin. seit ihr das gehen schwerer fällt, lenkt sie die acht söhne und töchter mit wenigen plattdeutschen silben durch den raum. zum «teepott», zum herd, durch die tür zur «waschköke». dort steht auf den fliesen eine rätselhafte maschine mit wählscheiben aus bakelit und erblindeten lämpchen. oben eine öffnung, vorn ein grauer, mürber rüssel und «AEG». (nur aus erzählungen weiß ich, dass in diesem kessel aus küchenabfällen das viehfutter gekocht wurde, nachdem die eheleute eine moderne trommelwaschmaschine angeschafft hatten. die maschine hat die oma überlebt.) von der waschköke leiten türen ins helle und ins dunkle. vom garten fällt licht auf kacheln und durch spinnweben hindurch. kein lichtstrahl gelangt in den «tüffel-keller». dorthin gehe ich nur, wenn es sein muss. da sind weberknechte und staub und erde. aber da steht auch die kiste mit der brause, die so wunderbar künstlich schmeckt und noch im august eiskalt ist. hinter dem dicken glas der vom spülen und rütteln matt gewordenen pfandflaschen scheint ihr rot kostbar wie edelstein. die größere mutprobe, das ist der gang durch die angrenzende tür. es liegt erst ein vorzimmer dahinter, und ehe du ganz hindurch gehst, lass hinter dir den ausgang lieber einen spalt offen stehen. die luft ist erdig. langsam sehe ich die dinge. die wände sind rau und schwarz. vor mir ein waschbetonbecken mit einem eimer voll kraftfutter. ich tauche meine hand bis über das gelenk hinein. die kleinen stäbchen sind kühl aber sie machen ein warmes geräusch, während sie mir zu hunderten durch die fingerspalten rieseln. ein paar bleiben hängen, in der kleinen faust. mit der freien hand hebe ich den riegel und lehne mich vorsichtig gegen die feuchten bretter der inneren tür. es riecht heiß. erst ist nur ein rascheln zu hören, dann ein tiefes seufzen, ein grunzen schließlich. zu sehen ist nichts außer kondensierendem atem, der von der anderen seite des troges herüberkommt, durch den hohlraum zwischen mir und dem tier quillt. ich werfe schnell das futter hindurch und während ich schon ausreiße blitzt noch kurz etwas runzlige haut auf, borsten, und waren das zähne? durch die vielen türen zurück und endlich im schutz unter der großen tischplatte, wo der beruhigende sound der erwachsenen herkommt. das gewirr vertrauter stimmen. ihr anschwellen und abschwellen, ihr durcheinandergehen, das gelegentliche hervortreten einzelner silben und das zurückgleiten in den chor. wie brandung. wie die herde schafe vor dem fenster. ... Comment |
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